How technology disrupted the truth
Katharine Viner, The Guardian

Was machen soziale Medien aus der Öffentlichkeit unserer Gesellschaft? Die Folge sei, dass Wahrheit kein relevantes Konzept mehr sei. Geschichten würden ungeprüft geteilt und geglaubt, sagt die Autorin. Dazu komme die allgegenwärtige Filterblase.

Die fünf Paradoxien der Livemedien und der Mythos des Oknos
Jochen Wegner; Zeit Online

Nach den letzten Amokläufen und/oder Terrortaten beginnt nun eine Selbstreflexion unter Journalisten. Was ist unsere Rolle, was sollen wir tun und was besser nicht. Le Monde hat etwa beschlossen, keine Fotos von Terroristen mehr zu zeigen.

“We’ve shot four people. Everything’s fine.” The Turkish Coup through the Eyes of its Plotters
Christiaan Triebert, Bellingcat

Zumindest ein Teil der türkischen Putschisten nutzen WhatsApp (!), um ihre Aktionen zu koordinieren. Das investigative Blog Bellingcat hat die öffentlich gewordenen Nachrichten ausgewertet und gibt so einen Einblick, wie der Putsch im Laufe der Nacht scheitert.

Werner Herzog on the future of film school, critical connectivity, and Pokémon Go
Emily Yoshida, The Verge

Im August erscheint Werner Herzogs neuer Dokumentarfilm Lo and Behold übers Internet. Die Gelegenheit mit ihm über die Dinge zu sprechen, die der Titel verspricht. Am Anfang etwas zäh, aber zum Schluss recht lustig.

Aux origines de la croissance
Marieke Louis, La Vie des idées

Wachstum scheint das unausweichliche Ziel moderner Gesellschaften zu sein – und Luxemburg ist alles andere als eine Ausnahme. Marieke Louis rezensiert The Hegemony of Growth. The OECD and the Making Of the Economic Growth Paradigm von Matthias Schmelzer und greift bereits sehr interessante Ideen auf. Das Buch steht ganz oben auf meiner Leseliste.

I’m With The Banned
Laurie Penny

Beim Republikaner-Parteitag trifft die feministische Autorin auf einige der schlimmsten Twitter-Trolls. Für manche ist es ein großes Spiel, andere glauben an ihre Hassbotschaften:

Like Trump, and like a lot of successful politicians in this postmodern circus, they channel their own narcissism to give voice to the wordless, formless rage of the people neoliberalism left behind.

Fences: A Brexit Diary
Zadie Smith, New York Review of Books

Die Autorin beschreibt sehr eindrucksvoll die britische Gesellschaft, die den Brexit Wirklichkeit werden liess und vor allem die Widersprüche, in sich die Mittelklasse verstrickt:

One useful consequence of Brexit is to finally and openly reveal a deep fracture in British society that has been thirty years in the making.

 Nicht nur die Welt, auch sich selbst erklären. Zur Rolle des Journalismus heute
Stefan Niggemeier, APuZ

Die Journalisten haben das Monopol über die Verbreitung von Informationen verloren und sehen sich einem immer größeren Misstrauen ausgesetzt:

Der Wert von Journalismus scheint weniger Menschen einleuchtend als in den Jahrzehnten zuvor, und das hängt nicht nur damit zusammen, dass man online so viel umsonst bekommt, sondern auch mit einem fundamentalen Unwissen über den Wert der Arbeit von Menschen, die vor der Veröffentlichung von Informationen prüfen, kritisch nachfragen, recherchieren.

The hacker hacked
Brett Scott, Aeon

Die These: Die Hackerkultur wird gerade gentrifiziert in der Form der „Start-up-Kultur“:

Gentrification is an enabler of doublethink, a means by which people in positions of relative power can, without contradiction, embrace practices that were formed in resistance to the very things they themselves represent.

Die Kunstjagd
Follow the Money

In sechs Episoden „jagen“ die Macher ein Gemälde, das einer jüdischen Familie das Leben rettete. Inspiration ist natürlich das Podcast-Phänomen Serial (die erste Staffel). Weitere „Deutsche Serials“ gibt es hier.

The Deep State
Dexter Filkins, The New Yorker

Ein langer Beitrag des New Yorker von 2012 hilft etwas, um den Putschversuch in der Türkei zu verstehen. Interessant ist, dass 2012 die autoritären Tendenzen Erdogans bereits offensichtlich waren …

‘That Ignoramus’
Adam Nossiter, New York Times

Was steckt hinter den Anschlägen in Nice, Paris und Brüssel? Darüber streiten die beiden Islamwissenschaftler Gilles Keppel und Olivier Roy erbittert. Ist es ein individuelles Phänomen von selbstmörderischen Kleinkriminellen oder steckt doch eher ein großes gesellschaftliches Problem dahinter.

Réflexions sur le média-terrorisme
decryptimages

Das Team um den Bildforscher Laurent Gervereau sieht eine gemeinsame Logik hinter den Anschlägen der letzten Monate und Jahre:

prendre les médias à la gorge par la construction d’une surenchère de l’horreur dans un contexte symbolique fort

Die Frage ist dann, wie diese Instrumentalisierung verhindert werden kann.

Le numérique, la carte et le territoire
Eric Vidalenc

Die App einer israelischen Start-up ist der Grund, warum ein ruhiges amerikanisches Viertel urplötzlich von heftigem Durchgangsverkehr geplagt wird. Vidalenc greift eine Geschichte der Washington Post auf und stellt dazu interessante Fragen.

The Bleak Cynicism of Mr. Robot
Sophie Gilbert, The Atlantic

Die Serie Mr. Robot startete diese Woche in die zweite Staffel. Die Autorin beschreibt den Reiz der Serie in einer interessanten Weise. Sie bleibt aber in ihrer Einschätzung ähnlich unentschlossen wie ich.

 

Der Golem und du
Wolf Lotter, Brand eins

Die Juli-Ausgabe von Brand eins enthält ein absolut lesenswertes Dossier über Digitalisierung. Es geht um Fortschritt und unsere Haltung dazu und um eine Kritik der Hypes um Big Data und Fintech. Unsere Maschinengläubigkeit ist das Thema des Hauptartikels. Der Gang zum Kiosk, um den Rest des Heftes zu lesen, lohnt sich auf jeden Fall.

The Satoshi Affair
Andrew O’Hagan, London Review of Books

Craig Wright ist Satoshi Nakamoto, der sagenumwobene und geniale Erfinder des Bitcoins. Das ist zumindest die Geschichte, die O’Hagan auf Wunsch von Investoren erzählen soll. Ist Wright wirklich Nakamoto, dann kann er geistiges Eigentum mit sehr hohem Wert verkaufen. Doch hinter der Geschichte steht ein Verwirrspiel mit Milliardeneinsatz und ein Mann, der nie das sein wollte, was er jetzt vorgibt zu sein. Und O’Hagan geht auf Distanz.

Gay Talese and the Problem With New Journalism
Jeet Heer, New Republic

Wie bei O’Hagan ist die (fehlende) journalistische Distanz auch hier ein ein Thema. Gay Talese erzählt die Geschichte eines Spanners, der eigens ein Motel gekauft hat, um seine Neigung auszuleben. Das Problem: Ein Teil der Geschichte hat der Voyeur frei erfunden und Talese ist ihm auf den Leim gegangen. Tatsächlich schreibt Talese im April im New Yorker von seinen Zweifel über die Zuverlässigkeit seiner Quelle, aber die Geschichte war doch zu schön. Das sei ein grundlegendes Problem das „New Journalism“, also der „nonfiction“, die mit erzählerischen Mittel arbeitet, argumentiert Jeet Heer.

Deal or no deal? Brexit and the allure of self-expression
Molly Crocket, The Guardian

Es wird weiter nach Erklärungen für die „Leave“-Mehrheit gesucht. Molly Crocket verweist auf psychologische Studien. Diese würden zeigen, dass Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen, darauf drängen gehört zu werden, selbst wenn dies ihnen selbst Schaden bringt. Es ist ein interessanten Argument im Streit um den Wert der direkten Demokratie. Ein Referendum reicht nicht, wenn die Bürger sonst keine Möglichkeit haben, ihre Unzufriedenheit auszudrücken.

The Fondue Conspiracy
Planet Money

Warum wir (oder unsere Eltern) einen Fondue-Topf haben. Oder warum einem bei Schweizer Käse wenig mehr einfällt als Emmental und Gruyère.

 

 

 

Für die 20. Ausgabe gibt es ausnahmsweise keine Links zu Artikel, Podcasts oder ähnlichen, sondern eine Top 5 der Seiten, die ebensolche Links sammeln – quasi Meta-Hyperref.

Weekly Filet
David Bauer

Der Name ist etwas bescheuert, aber die Links die der Leiter der NZZ-Storytellingabteilung sammelt sind von allerhöchster Qualität. Das Beste an der Seite ist ein riesiges Archiv, eine nie versiegende Quelle von Lese- und Hörstoff.

The Browser – Writing worth reading
Robert Cottrell et al.

Das Prokrastinationsrisiko ist bei The Browser noch höher. Bis zu fünf Links empfiehlt das Team seinen Lesern  – pro Tag. Die Quellen reichen vom amerikanischen Feuilleton (New Yorker et al.) bis zu obskuren Expertenblogs.

Wirres.net
Felix Schwenzel

Die Seite des Urgesteins des deutschen Internets ist – wie der Name es verrät – manchmal etwas wirr. Seine Links sind aber immer interessant und zeigen ein sehr breites Interessensspektrum. Und er schaut Serien vor allen anderen und hat eine Meinung dazu.

Podcasts für den Sommer
Sara Weber und Julian Dörr, SZ

Eine einmalige Sache ist die Podcastsammlung der SZ. Dafür kommt sie aber zur Urlaubszeit genau richtig. Ich kannte nur wenige Podcasts von dieser Liste, aber es scheint eine sehr gute Auswahl zu sein. Vor allem sind es nicht ausschließlich amerikanische Podcasts.

6 vor 9 – Bildblog
Lorenz Meyer

Jeden Tag gibt es sechs Links – meist zu den Themen, die gerade deutsche Medienmenschen aufregt. Vor allem gibt die tägliche Liste einen guten Überblick über die deutsche Blogszene.